Operative Behandlung

Beckenbodenstörungen und Inkontinenzbeschwerden lassen sich meist einfach und erfolgreich behandeln. Sollten alle konservativen Therapien jedoch nicht zum Erfolg führen, kann eine Operation bei Inkontinenz (Harninkontinenz und Stuhlinkontinenz), Senkungsbeschwerden (z. B. Blasensenkung oder Gebärmuttersenkung) und verschiedenen Formen von Drangleiden effektiv und vielversprechend sein. Wichtig ist in jedem Fall, dass jegliche Operation genauestens geplant und auf die jeweilige Diagnose abgestimmt ist.

 

 

 

Inkontinenzoperationen

Reine Inkontinenzoperationen (ohne Senkung)

Reine Inkontinenzoperationen (ohne Senkung) werden meist bei einer vorliegenden Stressinkontinenz durchgeführt. Sie finden in der Regel im Bereich um die Harnröhre herum statt, die beispielsweise mit Fäden am Beckenknochen befestigt wird. Mit Bändern hinter dem Schambein oder am Beckenknochen kann die Lage der Harnröhre ebenfalls korrigiert und die Inkontinenzbeschwerden behoben werden.

 

 

Senkungsoperationen

Senkungsoperationen sind deutlich komplizierter als Inkontinenzoperationen. Durch Ausrisse in der Scheidenaufhängung können sich Blase, Dünndarm oder Enddarm in die Scheide hineinwölben oder aus dieser herausdrücken. Diese Defekte der Aufhängung bzw. der Scheidenhaut lassen sich durch die Verwendung von körpereigenem Material oder durch künstlich hergestellte Netze beheben. Die Netze sind dabei äußerst körperverträglich und sehr stabil.

 

Bei Senkungsoperationen ohne Netz kann beispielsweise das defekte Bindegewebe gerafft und auf diese Weise gestrafft werden. Bei einer Senkung der vorderen Scheidenwand wird das überdehnte Gewebe häufig zwischen Blase und Scheide gedoppelt. Bei einer Senkung der hinteren Scheidenwand wird das Gleiche mit dem Gewebe zwischen Enddarm und Scheide durchgeführt.

 

 

Senkungsoperationen mit Implantaten

Bei Senkungsoperationen mit Implantaten wie Kunststoffnetzen wird der Defekt am Bindegewebe mittels des Implantats verschlossen. Besonders teilresorbierbare Implantate, die zu einem gewissen Bestandteil vom Körper aufgenommen und umgewandelt werden können, sind gut verträglich und werden in die körperlichen Strukturen eingebunden.

 

Im Allgemeinen haben Operationen mit Implantaten (alloplastische Operationsverfahren) folgende Vorteile:

  • Netzimplantate vermindern die Rückfallrate
  • Durch spannungsfreie Operationstechniken (im Gegensatz zur Gewebestraffung) sind Beschwerden nach der Operation wie Schmerzen oder Störungen der Miktion/Defäkation deutlich verringert
  • Implantate wie teilresorbierbare Polypropylenimplantate  und andere sind im gynäkologischen Bereich gut verträglich
  • Implantatoperationen bieten eine bessere Stabilität und deformieren die Scheide oder den Beckenboden nicht

Vor einer Inkontinenz- oder Senkungsoperation sollte die Patientin genau darüber informiert werden, welche Arten des Eingriffs bei ihr möglich sind. Sie kann dann selbst entscheiden, welche Form der Rekonstruktion sie wünscht.

 

Operationen und Übergewicht

Übergewicht (Adipositas) gehört zu den Risikofaktoren für Inkontinenz und Senkungsbeschwerden wie Gebärmuttersenkung oder Scheidensenkung. Ein BMI (Body-Mass-Index) von mehr als 27 kg/m² birgt bereits ein erhöhtes Risiko für eine Senkung bzw. Inkontinenz. Bei einem BMI von mehr als 30 kg/m² ist das Risiko noch einmal deutlich erhöht. Des Weiteren kann ein BMI von mehr als 30 kg/m² einen negativen Einfluss auf den Erfolg von Inkontinenzoperationen haben.

 

Bei Patientinnen mit Übergewicht, die unter Inkontinenz leiden, kann ein Gewichtsverlust bereits Linderung der Beschwerden verschaffen und zur Heilung beitragen. Auch die Operationsergebnisse verbessern sich im Falle einer Gewichtsabnahme meist.

 

Verhaltensregeln nach einer Operation

Nach einer Operation ist es wichtig, dem Körper genug Zeit für die Heilung und Erholung einzuräumen. Aus diesem Grund sollten Betroffene sich nach den Verhaltensregeln richten, die der behandelnde Arzt ihnen nahelegt. In den ersten 6 Wochen nach einer Inkontinenz-OP sollten Sie alle Tätigkeiten meiden, die durch Anspannung der Bauchmuskeln Druck auf den Beckenboden erzeugen würden, z. B. Wäsche aufhängen oder Lasten über 2–3 kg tragen. Nach 6 Wochen bis zum Ende des ersten Vierteljahres dürfen maximal 5–7,5 kg gehoben werden, danach ist eine langsame Steigerung auf maximal 10–15 kg möglich. 

Vollbäder, Schwimmbadbesuche oder Geschlechtsverkehr sollten erst wieder nach Abschluss der Wundheilung aufgenommen werden (ca. 4–6 Wochen nach der OP, Kontrolle durch den Frauenarzt). Zur Unterstützung der Heilung sollten östrogenhaltige Präparate in den ersten Monaten in die Scheide eingebracht werden.

Sport sollte in Absprache mit dem Frauenarzt frühestens nach 4–8 Wochenbegonnen werden. Beckenbodentraining unter fachlicher Anleitung ist unbedingt erforderlich und beginnt ca. 6–8 Wochen nach der Inkontinenz-Operation.

Hautpflege und ein geregelter weicher Stuhlgang sind ebenfalls wichtig, um die Heilung zu fördern und mögliche Rückfälle zu vermeiden. Bei bestimmten Formen der Inkontinenz ist ein Toilettentraining mit „Miktionsprotokoll“ sinnvoll. Dabei wird notiert, welche Mengen getrunken und wann die Toilette aufgesucht wird sowie welche Mengen ausgeschieden werden. Auch unwillkürliche Entleerungen werden aufgeschrieben. Anhand dieses Protokolls kann festgelegt werden, wie häufig die Toilette zukünftig idealerweise aufgesucht werden sollte, was mit dem Protokoll kontrolliert werden kann. Ziel ist es dabei, die Zeiträume zwischen den Toilettengängen zu verlängern.

Ganz gleich, um welche Störung es sich handelt, ist es ratsam einen Beckenbodenspezialisten aufzusuchen, der mit allen Behandlungsoptionen vertraut ist und dessen Interesse es nicht ist, Sie möglichst schnell einer Operation zuzuführen.